Die beste Möglichkeit, Steuern zu sparen? Einfach den zuständigen Steuersachbearbeiter erschießen. Dieser Vorschlag zur Lösung von Steuerproblemen nach Wildwestmanier fehlte in Donald Trumps wirtschaftspolitischen Ausführungen dieser Woche. Wäre er drin gewesen, man hätte sich nicht wirklich gewundert.
Am Montag hatte Trump durchaus vernünftig für niedrigere Steuern und weniger Regulierung plädiert und sich damit wieder ein Stück an eine zum Teil entfremdete Republikanische Partei angenähert. Am Dienstag erklärte er das Recht auf Waffenbesitz im zweiten Zusatz zur US-Verfassung zur praktischen Möglichkeit, sich gegen Hillary Clintons Politik zu wehren. Damit war das zarte Pflänzchen ökonomischer Vernunft, erst 24 Stunden alt, wieder tot.
Das ist schade, denn nicht nur im US-Wahlkampf lohnte es sich, über die Rolle und Ausgestaltung der Steuerpolitik intensiver nachzudenken. Steuern dienen dem Staat zur Finanzierung der notwendigen öffentlichen Aufgaben. In Deutschland wird dieses „notwendig“ seit vielen Jahren immer exzessiver interpretiert. Deshalb zahlen die Deutschen deutlich mehr Steuern als im OECD-Vergleich. Mit 49,4 Prozent Belastung für einen Alleinstehenden liegen wir auf Platz drei. Nur in Österreich und Belgien ist die Last noch höher.
International zeigt sich, dass Steuerfragen wieder wahlkampftauglich werden. In Anlehnung an die Wirtschafts- und Steuerpolitik der Präsidentschaft Ronald Reagans will Trump Unternehmen entlasten und die Körperschaftsteuer auf 15 Prozent fixieren. Die Einkommensteuer soll abgesenkt, der Spitzensteuersatz auf 33 Prozent (jetzt fast 40) festgesetzt werden. Tatsächlich hat Reagan die US-Wirtschaft seinerzeit auf vier Prozent jährliches Wachstum getrimmt, während sie gegenwärtig bei gut einem Prozent herumkrebst. In Kauf genommen hat er dafür allerdings ein immenses Haushaltsdefizit.
Trump adressiert mit seinen Vorschlägen steuerpolitisch vor allem die republikanischen Eliten und nicht die frustrierte weiße Mittelschicht, die sonst seine Kernzielgruppe ist. Das hat die neue britische Ministerpräsidentin Theresa May schon besser gemacht. Ihr steuerpolitisches Mantra ist „an economy that works for everyone“. Das ist ziemlich nahe dran an Ludwig Erhards „Wohlstand für alle“. May zielt damit genau auf die Bürgerinnen und Bürger, die von den Folgen der Staatsschuldenkrise, des minimierten Wachstums und der Niedrigzinspolitik am heftigsten gebeutelt werden: die Mittelschicht.
In die gleiche Stoßrichtung geht der Vorschlag der Mittelstandsvereinigung (MIT) der Union. Sie schlägt eine dreistufige Steuerentlastung bis 2020 vor mit einem Entlastungsvolumen von etwa 30 Milliarden Euro. Der „Mittelstandsbauch“ soll flacher werden, der entsteht, weil die Steuerprogression kleine und mittlere Einkommen besonders hart trifft.
Steuerentlastung wird als Thema wieder politikfähig. Und doch bleibt der MIT-Vorschlag eine viel zu brave Variante steuerpolitischer Gestaltung. Kein Wort vom sich radikal ändernden Arbeitsmarkt, in dem die Steuerpolitik auf die neuen Arbeitsverhältnisse der Share Economy reagieren müsste. Kein Schwung, ein radikal vereinfachtes Steuermodell anzugehen. Wer den Mut hat, „Flat Tax“ auszusprechen, muss mit verbalen Querschüssen rechnen. Ein Trump ist er deshalb noch lange nicht.